Nach über einem Jahr unter dem Banner der Unicorns of Love ist der 20-jährige Jon "JDC" de Castro momentan auf Teamsuche. Im Interview spricht JDC über seine Vergangenheit und seine Ziele als Profi-Spieler.
Mitte Dezember gingen die Unicorns of Love und JDC getrennte Wege. In den vier Jahren seit Beginn seiner Profi-Karriere hat Jon de Castro bereits zwei Mal die 99Damage-Liga gewonnen. Seit zwei Jahren ist JDC außerdem Vollzeit-Profi, seine Ziele hat er allerdings noch lange nicht erreicht
CSNEWS: Du hast dich Mitte Dezember von den Unicorns of Love getrennt. Wie kam es dazu?
JDC: Es hat sich schlichtweg nicht mehr so angefühlt als würden wir voranschreiten und damit meine ich auch mich selbst. Wir hatten eigentlich ein gutes Lineup und viel Potenzial, aber es hat sich sehr stagnierend angefühlt. Wir haben in wichtigen Spielen viele Fehler gemacht, obwohl wir die Fehler kannten und sie auch verbessert hatten.
Im Großen und Ganzen war ich letztlich einfach sehr unzufrieden noch weiter zu spielen. Ich bin insgesamt ein sehr positiver Mensch und ich brauche eine gute Stimmung, positive Vibes. Nach der langen Zeit bei UoL hat es sich einfach so angefühlt als würde ich die Jungs runterziehen beziehungsweise als würde ich nicht meine maximale Leistung zeigen. Deshalb dachte ich wäre es am klügsten, wenn ich mich auf die Bank versetzte und sich die Jungs umorientieren können.
CSNEWS: Viele haben erwartet, dass du nach den vielen Wechseln bei einem der deutschen Top-Teams landest. Hattest du entsprechende Angebote?
JDC: Ich hatte bereits Angebote, sowohl international als auch national. Ich weiß, dass einige Leute mich gerne bei den deutschen Top-Teams gesehen hätten, aber mit der Erwartung kann man nicht direkt rangehen. Ich weiß noch nicht wohin mich die Zukunft führt, aber ich weiß, dass ich bereit bin für jedes Angebot, das mir entgegenkommt, wenn es den Idealen entspricht, die ich mir ungefähr vorstelle. Ich habe große Ziele für die Zukunft und bin voller Energie, das bald auch unter einer neuen Flagge unter Beweis stellen zu können.
CSNEWS: Bist du bereit international zu spielen?
JDC: Ja, auf jeden Fall. Wie gesagt hatte ich auch bereits sehr verlockende Angebote von internationalen Teams. Die habe ich aber erstmal abgelehnt, da ich mich nicht so schnell wieder an etwas binden wollte, damit ich mich auf mich selbst erstmal konzentrieren kann. Generell würde es mich sogar freuen künftig international zu spielen.
CSNEWS: Gibt es bestimmte Spieler oder Teams, mit denen du sehr gerne spielen würdest?
JDC: Nichts Spezifisches. Natürlich würde ich irgendwann gerne mal in den deutschen Top-Teams mitspielen, also BIG oder Sprout. Das wäre natürlich ein Traum. Aber es ist nicht so, dass ich sage, das ist ein Muss. Ich lass alles erstmal auf mich zukommen. Ich möchte erfolgreich sein und das kann im Prinzip mit jedem Team passieren. Es gibt sehr viele talentierte Spieler da draußen und viele gute Teams. Unter welchem ich dann irgendwann einmal spielen werde ist nicht so wichtig. Hauptsache die Atmosphäre stimmt und es herrscht eine gute Arbeitsmoral, damit man wirklich auch das Gefühl hat ein Team zu sein.
CSNEWS: Du warst in Deutschland bereits relativ erfolgreich. Was sind deine nächsten Ziele?
JDC: Relativ erfolgreich kann man so sagen, das stimmt ein bisschen. Ich habe zwei Mal die 99Damage-Liga gewonnen, aber zum Beispiel noch nie die ESL Meisterschaft. Das ist auf jeden Fall auf meiner „To-Do-Liste“. International habe ich zwar ein paar Seasons MDL gespielt, allerdings nicht sehr erfolgreich. Ich würde einfach gerne im oberen Bereich der MDL mitspielen, vielleicht die Playoffs erreichen. Aber das ist alles ein langer und harter Weg, auf dem ich noch so einiges lernen muss.
CSNEWS: Aktuell streamst du sehr viel und recht erfolgreich. Ist das etwas, worauf du Stolz bist?
JDC: Auf jeden Fall. Streaming ist für mich aktuell ein sehr guter Ausgleich, obwohl es trotzdem Counter-Strike ist. Es macht mir sehr viel Spaß und die Leute unterstützen großartig. Ich kann da auch nicht oft genug Danke sagen. Ich kann zwar nicht, dass ich Stolz darauf bin, aber ich bin auf jeden Fall sehr glücklich die Möglichkeit zu haben den Traum zu leben, den ich aktuell leben möchte. Aber ein bisschen stolz bin irgendwie gleichzeitig doch, auch wenn ich so darüber nachdenke. Ich werde all meine Energie in den Stream reinstecken, bis das nächste Angebot kommt, das ich in Erwägung ziehe.
CSNEWS: Denkst du es als Profi-Spieler ist es wichtig auf Twitch, Twitter, etc. präsent zu sein?
JDC: Definitiv. Streaming ist heutzutage eine super Option, um sich zu beweisen oder zumindest bekannter zu machen. Man hat das bei dem FPL-C-Qualifier gesehen, den ich gespielt habe, da waren die Zuschauerzahlen umwerfend. Da ist mein Stream an nur einem Tag ordentlich gewachsen. Und glücklicherweise habe ich den Qualifier am Ende nach harten Kämpfen und Heulen noch gewonnen. Aber ja, solche Sachen sind sehr wichtig für die Zukunft.
CSNEWS: Du hast dich kürzlich für die FPL-C qualifiziert. Ist dir ein Platz in der FACEIT Pro League wichtig?
JDC: Es ist mir sehr wichtig, um ehrlich zu sein. Zuvor wurde ich in die FPL-C eingeladen aufgrund der Teams, in denen ich gespielt habe und wurde allerdings wegen Inaktivität rausgeworfen. Das war deshalb der erste Qualifier für die FPL-C den ich gespielt habe weswegen es für mich wichtig war den auch zu gewinnen. Es war für mich einfach wichtig zu sehen, dass ich noch genug Energie in mir habe, um diese 14 Matches an einem Tag zu spielen und danach immer noch heiß zu sein. Es war angenehm zu wissen, dass da immer noch mehr geht. FPL ist im Februar ein großes Ziel für mich, weil das zu schaffen ein großer Schritt in die richtige Richtung für mich wäre. Es würde mir einfach sehr gut gefallen, auf einem hohen Niveau gegen die Besten der Welt zu spielen.
CSNEWS: Was sind deiner Meinung nach deine Stärken als Counter-Strike-Spieler?
JDC: Meine Stärken sind meiner Meinung nach, dass ich sehr positiv bin, ich bringe eine gute Stimmung ins Team. Außerdem bin ich sehr kritikfähig, man kann eigentlich immer mit mir reden, egal ob während oder nach dem Match. Damit habe ich keine Probleme, solange man das ohne Beleidigungen in einem normalen Ton rüberbringen kann. Es kann auch lauter werden, aber beleidigend darf es auf keinen Fall sein. Dazu kommt, dass ich meiner Meinung nach gutes Aim habe. Ich denke ich kann viele Szenen für mich entscheiden, die ich eigentlich nicht gewinnen sollte. Ich spiele also nicht alles richtig und perfekt aus, habe aber den nötigen Skill um dennoch zu gewinnen wenn ich etwas falsch spiele.
CSNEWS: Was sind deine Schwächen als Spieler?
JDC: Ich denke meine Kommunikation schwächelt teilweise noch. Sie ist nicht schlecht, aber auch nicht da, wo ich sie gerne hätte, da bin ich ziemlich streng mit mir selbst. Teilweise bin ich auch sehr hart zu mir selbst, auch wenn ich daran bereits gearbeitet habe. Ich bin dann oft in meinem eigenen Kopf gefangen, da ich zu hart zu mir bin, statt einfach aus den Fehlern zu lernen und weiterzumachen. Es ist nicht so, dass ich toxic oder so werde aber ich bin dann teilweise einfach zu sehr auf mich selbst konzentriert.
CSNEWS: Was war dein persönliches Counter-Strike-Highlight im vergangenen Jahr?
JDC: Den 99Damage-Titel zu gewinnen war natürlich ein schönes Gefühl, genauso wie es ein Highlight war Vollzeit Counter-Strike zu spielen. Ich konnte sehr viel lernen von Spielern wie Christian "crisby" Schmitt, Oliver "kzy" Heck und auch von unserem Coach Dominik "KiNGDOM" Aberle und zuletzt auch von Alexander "kakafu" Szymanczyk. Ich bin einfach dankbar, dass ich viel lernen durfte. Counter-Strike ist mein Traum und ich habe das Privileg es jeden Tag ausleben zu können. Deswegen gibt es keine speziellen Highlights, stattdessen freue ich mich jeden Tag neue Menschen kennenzulernen und mich stetig zu verbessern.
CSNEWS: Wann hast du gemerkt, dass du in Counter-Strike wirklich gut bist und Profi-Spieler werden kannst?
JDC: Ich war ungefähr vierzehn oder fünfzehn Jahre alt als ich mit Counter-Strike angefangen habe. Ich würde nicht sagen, dass ich ein Nerd war, aber ich habe sehr gerne sehr viel gespielt. Ich habe mir damals schon den desillusionierten Traum gesetzt Profi zu werden. Ich habe das damals auch ganz stolz meinen Eltern erklärt. Als ich so sechzehn Jahre alt war, war ich dann auf ESEA recht gut unterwegs, hatte gute Statistiken. Da haben viele Leute gesagt, dass ich das Potenzial habe Profi-Spieler zu werden, aber das ich zu dem Zeitpunkt nicht richtig geglaubt.
Dann hatte ich ein bisschen Glück. Ich habe nachts auf Twitch gestreamt und der gute Robin "ScrunK" Röpke hat mich dann gehostet. Anschließend hat er mich dann auf Steam geadded und mich in die Szene eingeführt.
CSNEWS: Was würdest du deinem 14-jährigem Ich sagen, was es auf dem Weg zum Profi besser machen soll?
JDC: Viele Sachen! Ich habe es mir stellenweise wirklich nicht leicht gemacht. Ich würde meinem 14-jährigem Ich sagen, dass er keine Zweifel haben soll. Das „zu hart zu mir selbst sein“ trage ich schon mein ganzes Leben lang mit mir. Außerdem würde ich mir zu noch mehr Konzentration raten und mich daran erinnern nie zu vergessen, dass Counter-Strike mein Traum ist.
CSNEWS: Gibt es etwas, das dich in deinem Beruf als Profi-Spieler sehr nervt?
JDC: Jein. Direkt nervig würde ich sagen ist es nicht, aber ich mag es zum Beispiel viel lieber zu spielen als Theorie zu machen. Aber Counter-Strike ist nun mal auch ein sehr theoretisches Spiel, weshalb man auch viel Theorie macht wie zum Beispiel Demoanalysen und so weiter. Da bin ich kein riesiger Fan von, aber es gehört einfach dazu.
Außerdem bedeutet der Job auch viel Stress und der Leistungsdruck ist manchmal sehr unangenehm. Vor allem weil ich wie gesagt jemand bin, der sich selbst viel zusätzlichen Druck macht. Gleichzeitig ist es bei mir aber auch so, dass ich unter Druck besser spiele als sonst. Auf Dauer ist aber der permanente Leistungsdruck nicht so toll, vor allem wenn man Mal eine Phase hat in der es nicht so gut läuft.
CSNEWS: Was würdest du an Counter-Strike ändern, wenn du könntest?
JDC: Richtige Änderungen am Spiel würde ich gar nicht vornehmen. Ich würde eher das Verhalten von Valve ändern, damit man dort viel mehr auf die Community und die Profis eingeht. Damit man schlichtweg eine bessere Bindung zu Valve hat, um zum Beispiel auch über die Dinge zu reden die Game-Breaking sind. Aktuell ist es halt so, dass die Developer nicht wirklich Rücksicht nehmen auf das was wir tun, sondern einfach ihr Ding machen.
Ansonsten würde ich tatsächlich die Desert Eagle nerfen, die ist momentan einfach zu stark. Jemanden mit nur zwei Body-Hits auf geringer Distanz töten zu können ist schlichtweg nicht balanced. Auch wenn es mir hin und wieder in die Karten spielt, ist es einfach lächerlich.
CSNEWS: Gibt es schon Informationen bei welchem Team du in Zukunft spielen wirst oder eine ungefähre Info, wann es Neuigkeiten dazu gibt?
JDC: Das hängt vor allem davon ab wann ich das nächste Angebot bekomme. Ich habe zuvor mit Kakafu von den Unicorns öfter gesprochen, da ich wie gesagt die beste Version von mir selbst sein möchte. Zum Ende hin hatte ich bei UoL einige Konzentrationsschwächen, was ich zuvor noch nie hatte. Dafür wollte ich mir Zeit nehmen, um mit mir selbst ins Reine zu kommen in allen Belangen. Gleichzeitig wollte ich einige private Dinge regeln.
Das Alles hat auf jeden Fall geholfen und ich bin nach diesen zwei Monaten, in denen ich auch mit einer Sportpsychologin zusammengearbeitet habe, in der besten Form meines Lebens. Sowohl mental als auch spielerisch. Deshalb bin ich auch ab sofort offen für neue Angebote, die meinen Kriterien entsprechen. Wenn sich nichts ergibt werde ich im Februar weiter bis zur Faceit Pro League grinden.Foto: HLTV