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schadE halt: Cheatvorwürfe und möglicher Wettbetrug
03.09.2022 14:00 TheHotz

Matchfixing und Cheats sind in Counter-Strike ein großes Problem. Nun wurden zwei deutsche Spieler deswegen disqualifiziert.

Das Problem ist in Counter-Strike nicht unbekannt: Teams verlieren absichtlich Matches, treiben Wettquoten künstlich in die Höhe oder Betrügen ganz schlicht und einfach. Das prominenteste Beispiel dafür ist bis heute das nordamerikanische Team iBUYPOWER, das im Jahr 2015 aufgrund von Matchmanipulation permanent von Valve gebannt wurde.

Nun gab es womöglich einen neuen Fall von Wettbetrug bei einem Counter-Strike-Turnier. Der Turnierveranstalter Elisa Esports hat das Team "schadE halt" aus dem laufenden Elisa Invitational Fall 2022 disqualifiziert. Als Grund nennt der Veranstalter "verdächtiges Verhalten" in den Matches von schadE halt gegen die 00Prospects am 23. August und im Match gegen "Yodagus" am 29. August. Laut Elisa Esports wurde der Verdacht von einem "vertrauenswürdigen, externen Integritätspartner gemeldet". Bei "schadE halt" spielten während dieser Matches die Deutschen Daniel "KrowNii" Michel, Thomas "powerYY" Becker und Rand "Rand" Kadir. Außerdem mit dabei waren der Pole Gabriel "gab" Jaroszuk, Sergey "smike" Sklyarenko und Bogdan "Bodik" Nastych.

Der ehemalige RIZON-Spieler Rand spielte in dem Elisa-Turnier allerdings nur gegen Tricked und die 00Prospects mit, danach wurde er durch Bodik ersetzt. Grund für den Wechsel war laut Rand, dass das Team künftig ein vollständiges Lineup habe und nicht weiter Rands Standin-Dienste benötigt, da der sich auf Valorant konzentrieren wolle. In einem TwitLonger erklärte Rand auch, dass er mit den Betrugsvorwürfen nichts zu tun hat und er in keinerlei Wettbetrügen verwickelt war. Auf Nachfrage von 1HP erklärt Rand, dass ihm nichts komisch vorgekommen sei während der Matches mit "schadE halt". Auch habe den TwitLonger aufgrund der aktuellen Vorwürfe in der Community verfasst, nicht weil er Matchfixing oder Cheats live miterlebt hat.

Vor allem das Match von schadE halt gegen "Yodagus" beim Elisa Invitational sorgte auf Twitter für Aufsehen. Hier verlor das Team rund um die beiden deutschen Spieler KrowNii und powerYY die erste Map mit einem deutlichen 1:16. Daraufhin setzte ein Nutzer über 44.000 US-Dollar auf den Sieg von schadE halt, allerdings erst nachdem die Quote durch die deutliche Niederlage in die Höhe geschossen war und bei 1.85 lag. Das teilweise deutsche Team gewann daraufhin das Best-of-Three wodurch die Wette einen Profit von 38.000 US-Dollar einbrachte.

Zwar lässt sich nicht bestätigen, dass es sich bei der Wette tatsächlich um einen Spieler oder zumindest engen Vertrauten von Team "schadE halt" handelt, die Vermutung liegt allerdings nahe. Genau so scheint es auch Veranstalter Elisa Esports zu sehen, die sich dazu entschieden haben den Betrugsverdacht an die finnischen Behörden zu übergeben und auch die "Esports Integrity Commission", kurz ESIC, zu informieren. Andere Turnierveranstalter wie BLAST erwägen ebenfalls Team "schadE halt" vorerst aus anstehenden Qualifiern und Turnieren zu sperren bis der Sachverhalt geklärt wurde.

Zu den Matchfixing-Vorwürfen erklärte powerYY in einem TwitLonger auf Twitter, dass man den Stake.com-Nutzer "CoolDad" nicht kennt und dieser auch auf andere Matches regelmäßig hohe Wetten platziert. Unter den Wetten ist auch eine Wette über 131.000 US-Dollar auf das Match von schadE halt gegen die 00Prospects, die Nutzer "CoolDad" allerdings verlor.

Dass powerYY und Co. während des Elisa Invitational tatsächlich Wettquoten und Ergebnisse manipuliert haben, lässt sich nicht zweifelsfrei bestätigen. Zwar lassen die vorliegenden Informationen das Ganze Geschehen sehr verdächtig wirken, ein handfester Beweis liegt uns aber nicht vor. ESIC wird zwar in diesem Fall ermitteln, bis es genauere Informationen, Beweise oder eine Entlastung gibt, kann es aber somit noch dauern. Da der Veranstalter aber die Geschehnisse auch an die finnischen Behörden übergeben haben, liegen hier gegebenenfalls bereits handfestere Beweise vor. Eine Anfrage von 1HP an Elisa Esports blieb bislang unbeantwortet.

Cheatingvorwurfe im DACH-Qualifier der EU Champions

Die Vorwürfe gegen "schadE halt" enden allerdings nicht bei den möglichen Wettbetrügen im Elisa-Turnier. Auch in dem kürzlich veranstalteten DACH-Qualifier zu den EU Champions fiel das Team um powerYY und KrowNii negativ auf. Nach einer 1:2-Niederlage gegen das besagte Team beschwerte sich aTTaX-Spieler Paul "PerX" von Erdmannsdorff auf Twitter darüber, dass der "schadE halt"-Coach "Johnsy" einen Radar-Hack benutzt. Nach dem Sieg gegen aTTaX verlor "schadE halt" gegen Sangal und dann gegen Sprout und schaffte damit nicht die Qualifikation.

Zu den Cheating-Vorwürfen erklärte powerYY in seinem TwitLonger, dass die komplette Point-of-View der Spieler sowie von Coach Johnsy aufgenommen, hochgeladen und dem Turnierveranstalter vorgelegt wurde. Weder gegenüber ALTERNATE aTTaX noch auf Nachfrage von 1HP wurden die Aufnahmen des Spiels allerdings bislang geteilt. Laut Veranstalter braucht es die Genehmigung des Teams, bevor die Aufnahmen dem Gegner vorgelegt werden. Eine Anfrage von 1HP an den Veranstalter sowie eine Nachfrage bezüglich der Aufnahmen an KrowNii blieb bislang unbeantwortet.

Dass es für ein Vollzeitteam wie ALTERNATE aTTaX frustrierend ist, gegen ein Team wie schadE halt rauszufliegen, ist verständlich. Doch ohne Bann durch ein Anti-Cheat-System sind Vorwürfe solcher Art in der Regel wirkungslos. Einem anderen Coach aus dem Umkreis der "schadE halt"-Spieler ist allerdings genau das passiert: Er wurde durch VAC gebannt.

Beispielclip zum Cheatingverdacht gegen schadE halt im Match gegen ALTERNATE aTTaX

Coach bekommt VAC-Bann nach Fragster Qualifier

In der vergangenen Saison spielten die beiden "schadE halt"-Spieler KrowNii und powerYY unter dem Banner der Organisation Entropy. Mit an Bord war auch Muhammed “MD17” Demir als Coach. Das Team konnte einige Erfolge einfahren und beispielsweise bei internationalen Qualifier recht gut abschneiden im Vergleich zu anderen deutschen Top-Teams. Ebenfalls erfolgreich war man bei dem Open Qualifier zur Fragster Liga am 16. Februar 2022. Einen Tag nach dem Qualifier wurde der Entropy-Coach MD17 durch VAC, also Valves Anti-Cheat-Tool gebannt. Noch am gleichen Abend des Qualifiers, etwa 30 Minuten nach dem Spiel gegen TT willhaben, also auch noch vor dem VAC-Bann, verließ MD17 das ESEA-Team von Entropy.

Eine offizielle Stellungnahme dazu gab es seitens Entropy damals nicht und auch sonst wurde der Vorfall damals medial nicht behandelt. Weder die Spieler noch der Coach äußerten sich dazu auf Twitter und da MD17 auch sonst wenig mit der restlichen DECS-Community interagierte fiel es anscheinend weiter keinem auf. Auf Nachfrage von 1HP erklärt Michael Decker, dass der Coach MD17 der Organisation nicht näher bekannt war und auch kein Vertragsverhältnis bestand. Als der Bann ausgesprochen wurde versicherte der Coach damals gegenüber Entropy, das es sich um einen fälschlicherweise ausgesprochenen Bann handelt. Daraufhin habe man bei Entropy ihm weitere Zusammenarbeit mit dem Team untersagt bis sich der Bann als falsch herausgestellt hat. Der VAC-Bann wurde nie aufgehoben.

Um Coach MD17 gibt es nun mehrere Gerüchte und Vermutung. So soll es sich bei MD17 und Johnsy um die gleiche Person handeln, die schlichtweg verschiedene Accounts nutzt. Obwohl die Namen so grundverschieden sind, haben sie beispielsweise in der Vergangenheit bereits ähnliche Aliase benutzt und auch mit den gleichen Leuten auf Faceit gespielt. Auch soll es sich bei beiden um Real-Life-Freunde von KrowNii handeln, die sonst aber kaum jemand zu kennen scheint. Auch hier handelt es sich um viele Indizien, aber keine sicheren Beweise bezüglich der Identität der beiden Coaches. Abseits der beteiligten Spieler scheinen die Coaches niemandem wirklich bekannt zu sein.

Radar Hack, Wetten, Profit: Ein ausgeklügeltes System?

Die Vorwürfe gegen Coach Johnsy entsprechen dem uns vorliegenden System, nachdem man bei "schadE halt" vorgegangen sein soll. Insider Informationen zufolge soll der Coach einen Cheat nutzen, der ihm ermöglicht, alle Gegner auf dem Radar zu sehen. Über ihr Handy können die Spieler dann über einen zuvor geteilten Link das Radar vom Coach sehen und somit einen illegalen Vorteil erhalten. Somit können die Spieler nicht gebannt werden, da auf deren PCs keine illegalen Programme laufen.

Für die manipulierten Wetten soll nach den uns vorliegenden Informationen ebenfalls der Coach Dreh- und Angelpunkt sein. So soll der Coach stets in zwei verschiedenen TeamSpeak-Servern aktiv sein, einmal mit den Spielern und einmal mit zwei Vertrauten, die die Wetten platzieren. Somit kann der Coach stets den aktuellen Stand in der Partie durchgeben und beispielsweise auch präzise live Wetten ermöglichen. Nach den Matches wird dann der Gewinn unter allen Beteiligten aufgeteilt. Neben den Teams und dem Coach sollen somit in der Regel noch zwei weitere Personen involviert sein, die Wetten platzieren. Mit diesem System müssen auch nicht mal alle Spieler auf dem Server in den Betrug eingeweiht sein, Standins wie Rand könnten somit vollkommen unwissend Opfer solcher Machenschaften gewesen sein.

Aber auch hier lassen sich, abseits des Insider-Berichts, bislang noch nicht genug Beweise finden, auf deren Grundlage die Spieler zweifelsfrei des Betrugs beschuldigt werden können.

Schlussworte von Redakteur TheHotz

Trotz Insider Informationen und scheinbar offensichtlichen Tatsachen liegen weiterhin nicht genug Beweise vor, um die betroffenen Spieler des Teams "schadE halt" einer Straftat oder fehlerhaften Verhaltens zu überführen. Gleichzeitig ist die Menge an Indizien und vermeintlichen Zufällen zu groß für eine Unschuldserklärung. Der Unwille der beschuldigten Spieler, womöglich entlastende Aufnahmen zu veröffentlichen, hilft ebenfalls nicht dabei, Licht ins Dunkel zu bringen. Die in der Vergangenheit an den Tag gelegte Naivität deutscher Organisationen und Spielern gegenüber den Beschuldigten muss bis zur vollständigen Aufklärung der Geschehnisse ein Ende haben.

Für die Zukunft lässt sich nur hoffen, dass entweder durch die nun anlaufende ESIC-Untersuchung oder durch die zahlreichen fähigen Esport Journalisten Fakten und Beweise zutage kommen, die die Beschuldigten entweder endgültig belasten oder gegebenenfalls auch freisprechen. Auch wir werden weiter recherchieren und versuchen Beweise zu sammeln.


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1 Kommentar
Vancapo 2 Jahre, 2 Monate her

Sehr gut geschrieben. +1

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