Im Interview erzählt Epsor über ANATY Productions, Produktionen wie die UNITED Pro Series und die Arbeit als Observer.
Johannes “Epsor” Meiners ist zusammen mit Jonas “JNZ” Lenz und Kai-Uwe “kaizi99” Zimdars Teil von ANATY Productions. Als Hobby gestartet ist ihre Firma inzwischen die Nummer eins für qualitativ hochwertige Produktionen in Deutschland. Von der gesamten UNITED Pro Series Ingame-Produktion bis zum HUD der 99Liga, die Arbeit von ANATY ist inzwischen überall in den großen deutschen Produktionen angekommen. Wir haben mit Epsor über die Entwicklung der Firma und die Arbeit hinter den Kulissen gesprochen.
1HP: Wie seid ihr denn auf die Idee gekommen ANATY zu starten?
Epsor: Team, das seit so fünf oder sechs Jahren besteht. Das war einfach nur grauenvoll, wir hatten keine leichte Gruppe und waren gleichzeitig wirklich nicht gut. Dann wurde eben eines unserer Matches in der Starter-Division kommentiert und das war ungefähr genauso grandios wie unser Gameplay.
Daraufhin haben wir uns dann gesagt, dass wir das doch besser hinkriegen. Wenn ich mich richtig erinnere, haben dann Kai und JNZ unser erstes Match kommentiert. JNZ hat damals gleichzeitig auch schon den Observer gemacht. Ich habe mir das angeschaut und dachte mir, dass ich darauf auch Bock habe.
Wir haben uns dann darauf verständigt, dass Kai mehr im Hintergrund ist, sich um die ganze Technik kümmert und den Stream managed. JNZ hatte dann die Aufgabe das Spielgeschehen zu observen und zusammen mit mir zu kommentieren.
Da haben wir dann damals ein Team aus der vierten Division als Caster begleitet, das dann in der Relegation auf die Esport Factory gestoßen ist. Daraufhin ist eben die Esport Factory auf uns aufmerksam geworden, woraufhin wir in der darauffolgenden Saison von Ihnen angefragt wurden. Irgendwann sind wir dann auch bei Sprout angekommen, über die wir dann die Chance bekamen, den deutschen Stream für das „Play for Belarus“ Charity-Event zu machen im Sommer 2021.
Angefangen haben wir damals auch nicht als ANATY Productions, sondern als CrapTec, so hieß unser Team. Wir haben dann gemerkt, dass das Alles echt gut läuft und wir immer bessere Anfragen für Casts bekommen. Wenn wir aber mit unserer Arbeit Geld verdienen wollten, mussten wir eben das alles irgendwie steuerlich verrechnen können, woraufhin wir uns dazu entschieden haben, ein Unternehmen zu gründen. Und da Jonas an der Filmuniversität Potsdam ist, kamen wir in das dortige Gründerprogramm rein. Im Zuge dessen gab es dann auch die Umbenennung von CrapTec zu ANATY Productions.
1HP: Ihr bietet heute mit die Beste Produktionsqualität in Deutschland. Wie habt ihr das gelernt in so kurzer Zeit?
Epsor: Grundvoraussetzung für das gemeinsame Projekt war es immer, die Grenzen des qualitativ Möglichen zu erreichen und von Stream zu Stream immer weiter nach oben zu verschieben. Wir haben uns beispielsweise immer an der ESL orientiert, weil das immer so das war, was uns in puncto Qualität immer am besten gefallen hat.
An dieser Spitzenklasse haben wir uns von Beginn an orientiert. Der hauptsächlich begrenzende Faktor war eigentlich die Technik, wenn die nicht passt, geht nichts.
Ich weiß auch nicht, wie oft wir unsere eigenen Casts angehört und angeschaut haben, um zu reflektieren, was gut und was schlecht ist oder auch was und worüber wir sprechen und ob wir vielleicht bestimmte Wörter ständig wiederholen. Auch das Observing haben wir stetig weiter verbessert und auch regelmäßig offline trainiert.
Zusammen mit unseren Casts ist auch die Technik besser geworden, wir sind beispielsweise irgendwann von OBS auf vMix umgestiegen.
Es ist, seit wir angefangen haben, einfach eine stetige Entwicklung und genau das war uns auch schon immer wichtig. Einige Monate lang war unser meistgenutztes Hashtag „NewFeature“, weil einfach ständig etwas Neues dazukam.
1HP: Ihr habt auch euer eigenes HUD entwickelt. Wie viel Arbeit steckt da drin?
Epsor: Das ist schwer zu sagen. Den technischen Teil des Programmierens übernimmt Kai mit seinem Mitbewohner und dazu kommt der Designteil des HUDs, also die Frage, wie es nachher aussehen soll. Mittlerweile haben wir natürlich unser HUD als Basis und können darauf aufbauend für einen Kunden ein individualisiertes HUD in deutlich kürzerer Zeit erstellen, da viele Funktionalitäten bereits integriert sind.
Ein weiterer wichtiger Teil des HUDs ist natürlich die Bedienungssoftware, die wir auch komplett selber geschrieben haben. Die meisten nutzen für sowas meines Wissen Lexogrine und sind da nicht so richtig zufrieden, wohingegen wir unsere eigene Software haben, die wir gegebenenfalls auch unseren Bedürfnissen entsprechend anpassen können.
1HP: Was ist so euer Traum, welche Turniere wollt ihr mal produzieren?
Epsor: Mit der ESL arbeiten wir ja bereits zusammen national und auch im internationalen Bereich. Wir machen da zum Beispiel Streams für Nordamerika und Australien aber jetzt kürzlich hatten wir einige Aufträge während der IEM Fall. Auch haben wir zum Beispiel vor kurzem den englischen Stream der VBL (virtuelle Bundesliga) Finals auf dem EA SPORTS FIFA Twitch-Kanal produziert.
Der nächste große Schritt für uns wären feste Verträge mit den großen Veranstaltern im internationalen Bereich. Dafür brauchen wir dann aber beispielsweise auch mehr Personal, weil zu dritt das zu stemmen ist auf Dauer mehr als nur mutig. Es geht, wie man es zum Beispiel bei der UNITED Pro Series sehen konnte, aber es ist ein ordentlicher Kraftakt.
Dass wir die großen Studios von der ESL nicht ablösen können ist denke ich klar, da die ja auch ihre eigenen, festangestellten Leute haben. Aber externe Produktionen können wir auf jeden Fall übernehmen.
1HP: Möchtet ihr ANATY in naher Zukunft als Vollzeit-Jobs machen?
Epsor: Bei JNZ und mir ist jetzt die Bachelorarbeit dran und wenn die durch ist, werden wir auf jeden Fall ein Urlaubssemester einlegen, um das Vollzeit zu machen. Ich werde dann zwar noch meinen Master machen, aber in diesem halben Jahr bis Jahr wird sich dann schon mal zeigen, wohin die Reise gehen kann, wenn wir das Vollzeit angehen.
1HP: Wann war während der UPS jeweils eure Arbeit für den Zuschauer zu sehen?
Epsor: Eigentlich war unsere Arbeit immer zu sehen, sobald nicht der Host, die Caster oder der Pausenbildschirm zu sehen war. Also sämtliches Observing, sowie die Replays und das HUD kam alles von uns. Auch an der Realisierung der einzelnen Spielercams und deren Einbindung in die Liveübertragung waren wir maßgeblich beteiligt. Sowohl während der LAN-Finals als auch während dem Online-Part.
Zusätzlich waren wir auch für die Serveradministration zuständig und haben eben fleißig mitgeholfen, die technischen Probleme zu beheben.
1HP: Ihr hattet an einem Tag gleich drei Best-of-Threes abzuarbeiten. Wie haltet ihr so einen Marathon aus?
Epsor: Ein Stück weit muss man sich natürlich mit bloßem Willen da durchkämpfen. Es war jetzt aber auch sehr viel wert, dass wir an einem so anstrengenden Tag nicht alleine im Home-Office sitzen. Stattdessen weiß man, dass nebenan auch noch eine Regie sitzt, die genauso fertig ist, aber alle haben Bock, das durchzuziehen und das hilft dann auch weiter.
An solchen Tagen merke ich aber auch, dass ich mit jeder Stunde etwas an Leistung abbaue. Dann merke ich irgendwann nur noch, dass ein Kill fällt und ich dann gerade so noch rechtzeitig auf den Spieler wechsle, um das Replay einzufangen. Die Denkprozesse werden langsamer, aber das Spiel bleibt weiterhin superschnell. Da muss dann meistens mit sehr viel Koffein entgegengewirkt werden. Ich habe zum Beispiel drei Liter Wasser, einen grünen Tee und einen Liter Energy getrunken über elf Stunden Broadcast, sonst hätte ich das nicht durchgehalten.
Aber drei Best-of-Threes sind auch ein Extremfall, meistens ist sind es ja nur zwei Bo3s an einem Tag, wie es auch geplant war für die UPS Finals. Zwei Best-of-Threes sind so der Sweet-Spot, da kann man die Konzentration meistens noch recht gut aufrechterhalten. Alles danach wird grundsätzlich schwierig.
1HP: Was steht bei euch als nächstes an?
Epsor: Bei uns stehen einige Neuerung im Unternehmen an. Wir haben jetzt ein neues Logo, das wir rausbringen wollen. Auch wollen wir unsere Webseite komplett überarbeiten und auch ein neues HUD steht bei uns an. Das neue HUD wird dann vorerst exklusiv von uns genutzt, da es dann auch erst mal nur auf unser neues Corporate Design ausgelegt ist. Dann soll es auch wieder mehr Casts von unserer Seite aus geben, da wir ansonsten bis zum Ende des Jahres nur noch wenige Produktionen haben.
1HP: Abseits der UPS, was waren eure bislang anspruchsvollsten Produktionen?
Epsor: Im Sinne von Arbeitszeit müssen wir da definitiv die Tiebraker der IEM Fall in Nordamerika nennen: Für Kai und JNZ ging es dabei um 00:30 Uhr nachts los und Ende war dann letztendlich gegen 07:30 Uhr morgens, zumal jeweils immer nur eine MR3 Overtime gespielt wurde und danach jeweils 15 Minuten Pause waren: Also 10 Minuten Game, dann wieder 15 Minuten Pause und so weiter.
Abseits der UPS lässt sich ganz gut eine ESEA Eigenproduktion nennen: Für das Game zwischen No Limit Gaming und ONYX aus der vergangenen ESEA Season haben wir den deutschen Cast gestellt inklusive Observing und Facecams beider Teams im HUD. Obendrauf hat Kai gleichzeitig das Ganze ohne unsere Caster Stimmen als Cleanfeed für den englischen ONYX Cast weitergeleitet. Hat alles wunderbar funktioniert.
1HP: Wie viele Wochen vorher beginnt eure Vorbereitung auf Produktionen wie die UPS?
Epsor: Das lässt sich nicht so pauschal beantworten, da die Vorbereitungszeit immer auch von den gefragten Aufgaben der nächsten Produktion abhängt: Gibt es ein HUD, müssen wir eines programmieren oder reicht eine Anpassung unseres HUDs wie zum Beispiel für die 99Damage Liga Season 18. Welche Bedingungen liegen vor Ort vor; liefern wir “nur” einen Cleanfeed oder produzieren wir das Event in seiner Gesamtheit. Daher variiert das Ganze von einigen Stunden Vorbereitungszeit bis hin zu mehreren Wochen Programmieraufwand.