cowana Gaming stellt den Esport-Bereich ein. Die in mehreren Esport-Titeln aktive Organisation aus Langenzenn wird ihr komplettes Engagement im Esport beenden.
Gerüchte über das Ende von cowana Gaming gibt es nun schon seit mehr als einem Jahr, jetzt ist es aber Realität geworden. Zum 31. Dezember 2022 laufen die Verträge mit allen aktuellen Spielern aus und die Aktivitäten von cowana im Esport werden eingestellt. Also nicht nur Counter-Strike, sondern auch alle anderen Spieletiteln werden künftig nicht weitergeführt. Doch wie konnte es dazu kommen, dass eine Organisation mit Vollzeitteam und zahlreichen Investments in insgesamt sieben verschiedenen Titeln die Pforten schließen muss?
Fehlende Professionalität und Lukrativität im deutschen Esport
In einem Gespräch mit dem cowana CEO Michael Wamser wurde uns erklärt, dass die cowana GmbH das Investment in den Esport einfach nicht mehr stemmen kann. Man habe zwar in den zurückliegenden drei Jahren einige Erfolge und gute Momente feiern können, vor allem im letzten Jahr sei dann aber viel schief gelaufen. Laut dem CEO sei der Esport schlichtweg nicht zu refinanzieren durch Sponsorings. In Zukunft wolle man sich nun wieder auf das Kerngeschäft von cowana fokussieren und wie auch vor dem Esport-Einstieg Anfang 2020 vor allem als Veranstalter agieren. Auch sei es laut Herrn Wamser kaum möglich, auf deutscher Ebene erfolgreich und interessant für Sponsoren zu sein, dafür bräuchte es ein noch größeres Investment, damit man international mithalten kann.
In puncto Professionalität mangelt es im deutschen Esport noch laut dem CEO. So habe man zwar viele gute Gespräche mit möglichen Sponsoren geführt, diese sind dann aber oft nicht zum Abschluss gekommen. Mangelnde Professionalität, so erklärt er, sieht man beispielsweise auch an der ESL Meisterschaft, vor allem an Punkten wie einer ordentlichen Webseite oder dem Broadcast während der Frühlingssaison kein gutes Auftreten hat.
"Unser Vertrauen wurde letztlich einfach ausgenutzt"
Doch kann das Ende von cowana Gaming wirklich der deutschen Esport-Szene vorgeworfen werden oder ist da mehr dahinter? Wir haben nicht nur mit dem CEO der Firma, sondern auch mit zahlreichen ehemaligen und aktuellen Angestellten sowie Spielern und Creator:innen gesprochen. Bei diesen Gesprächen zog sich ein ganz anderer roter Faden durch die Esport-Geschichte von cowana Gaming.
Seit bereits Mitte 2021 ist es nämlich der Fall, dass Zahlungen von cowana teilweise nur mit ordentlichen Verzögerungen geleistet werden. Seien es Preisgelder, die Spieler erspielt haben, vereinbarte Zahlungen von Sponsorings oder die Gehälter der Angestellten.
Zu Beginn von cowana im Jahr 2020 stieg man direkt in zahlreiche Games wie Rainbow Six: Siege, Counter-Strike, Call of Duty und League of Legends ein. Zusätzlich hatte man dann auch einige Creator:innen unter Vertrag, die zu diesem Zeitpunkt teils noch relativ klein waren. Während dieser Zeit unterstützte man beispielsweise die Creator:innen wo man nur konnte und ermöglichte Partnerschaften, die sonst kaum möglich gewesen wären.
Eine der Creator:innen, die aber lieber anonym bleiben möchte, erzählte uns, dass sich cowana wie eine große Familie angefühlt hat. Man hat viel Zeit miteinander verbracht, gemeinsam gefeiert und sich gut verstanden.
Auf dieser Vertrauensbasis war es dann zu Beginn auch kein Problem, als dann 2021 manche Zahlungen erst verspätet kamen. Den inzwischen in puncto Reichweite gewachsenen Creator:innen wurden dann auch bessere Verträge angeboten. Statt 50 Prozent bekamen einige nun 70 Prozent der Sponsoring-Deals, samt festen monatlichen Zahlungen. Während einige diese neuen Verträge ablehnten, und aufgrund der bereits nicht gezahlten Beträge gingen, blieben Andere weiter an Bord mit den neuen Verträgen. Doch nun waren es schlichtweg noch höhere Beträge, die über Wochen und Monate nicht gezahlt wurden.
Das zu Beginn aufgebaute Vertrauen wurde letztlich einfach ausgenutzt, so eine der Betroffenen. Letztendlich verließen immer mehr Creator:innen cowana und Rechnungen blieben weiter unbezahlt. Einige mussten daraufhin erst den rechtlichen Weg gehen und die ausstehenden Zahlungen per Klage einfordern. Andere warten noch immer auf ihr Geld und hatten bislang gehofft, es ohne rechtliche Schritte zu schaffen.
Das enttäuschende Ende von cowana
Aber abseits der Probleme bei den Creator:innen von cowana gab es auch bei den Esportler:innen Probleme. So beschwerte sich der von Januar bis Juli 2021 bei cowana angestellte Counter-Strike-Spieler Michal „OKOLICIOUZ“ Glowaty im Mai 2022, dass noch immer Preisgelder aus seiner Zeit bei cowana fehlen. Nachdem er das Fehlen öffentlich angeprangert hatte bekam er dann zumindest kurze Zeit darauf sein Geld, allerdings dennoch erst fast ein Jahr nach dem Ende seines Vertrags.
Auch der Estländer Kevin „HS“ Tarn erklärt öffentlich auf Twitter, dass nicht nur das Lineup selbst Probleme verursacht hat, sondern auch fehlende Gehaltszahlungen unnötigen Stress machten und negative Auswirkungen auf die sportlichen Leistungen hatten. Auf Nachfrage von 1HP erklärte man uns bei cowana, dass es sich bei HS nur um ein halbes Monatsgehalt handelt, während der Estländer selbst von einer deutlich größeren Summe spricht.
Ein weiteres Problem ist, dass die Spieler laut einer internen Quelle bei den Gehaltszahlungen bevorzugt behandelt wurden, danach die Creator:innen und schließlich die Angestellten. Dadurch mussten einige der Mitarbeiter teilweise längere Zeiten ohne Gehalt auskommen, bis diese endlich überwiesen wurde. Auch hier sind teilweise noch immer Zahlungen ausstehend, teils auch von Leuten, die schon seit Monaten nicht mehr bei cowana angestellt sind.
Wie konnte das Alles passieren?
In dem offiziellen Statement, das am Dienstagabend veröffentlicht wird, erklärt man, dass der Esport nicht so lukrativ ist und dass auch die Pandemie dem Geschäft geschadet hat. Doch 2020 ist man ursprünglich deswegen in den Esport eingestiegen, da aufgrund der Pandemie das volle Auftragsbuch der Marketing- und Messefirma cowana plötzlich leer war. Das erklärt der CEO zumindest im cowana 2020 Rewind-Video. Somit waren die Auswirkungen der Pandemie von Anfang an bewusst, trotzdem aber wurde das Investment immer weiter intensiviert, wie beispielsweise durch den Ausbau des CS-Bereichs auf ein Vollzeitteam im Jahr 2021.
Zu Beginn hatte man auch große Sponsoren wie BenQ und NVIDIA mit an Bord, die monatlich mehrere tausend Euro gezahlt haben und für die man auch viel Content produziert hat. Im ersten Jahr hatte man sogar einen klaren Gewinn mit dem neu aufgebauten Esport-Bereich erwirtschaftet, so ein ehemaliger Mitarbeiter. Ab einem Punkt war es dann aber so, dass Versprechungen nicht mehr eingehalten und man seitens cowana immer unzuverlässiger wurde, was Absprachen anging oder auch Versprechungen gegenüber den Creator:innen, sowie den Spielern und Angestellten. Auch Gelder, die für bestimmte Projekte eingeplant waren, wurden firmenintern plötzlich anders genutzt und standen schlagartig für den Esport-Bereich nicht mehr zur Verfügung.
Daraus folgte dann eine teilweise nicht mehr zu stoppende Entwicklung. Aufgrund fehlender Zahlungen gingen Creator:innen und schließlich auch talentierte Video Editors und Social Media-Verantwortliche. Ein richtiger „Braindrain“ entstand von cowana Gaming weg zu anderen Organisationen und Firmen in Deutschland. Mit immer weniger qualifiziertem Personal konnte man auch den Content von einst nicht mehr liefern, wodurch auch immer weniger Gelder über Sponsoren reinkamen.
Am Ende von cowana sind somit zwar teilweise die Pandemie und die fehlende Lukrativität des deutschen Esport Schuld, mindestens zu gleichen Teilen sind aber auch die Entscheidungen im Management Schuld am letztlich enttäuschenden Ende. Allein in den letzten Monaten der Organisation traf man einige kuriose Entscheidungen. So wurde der Brite Thomas "Thomas" Utting Mitte Oktober mit einer Vertragslaufzeit bis Ende 2023 verpflichtet. Ende November beendete der Brite den Vertrag bereits wieder, da kein Gehalt bezahlt wurde. Bereits seit dem 22. November ist uns bei 1HP bekannt, dass cowana seinen Esport-Bereich schließen wird. Laut uns vorliegenden Informationen hoffte man zuvor noch durch ausstehende Coronahilfszahlungen und neue Investoren den Esport auch künftig fortzuführen, erst später kam dann die Entscheidung durch den CEO den Bereich zu schließen. Innerhalb von einem Monat machte man somit die 180 Grad Wende von Verträgen, die bis Ende 2023 laufen hin zum kompletten Ende des Esports bei cowana Gaming.
Wie soll es weitergehen?
Gegenüber 1HP und im offiziellen Statement verspricht CEO Michael Wamser, dass sich die cowana GmbH darum kümmern wird, alle noch ausstehenden Zahlungen zu begleichen. Jeder, der noch offene Zahlungen hat, soll diese erhalten. Auch erklärt man, dass „wer uns kennt weiß, dass wir, wenn auch leider teilweise verspätet, stets unsere Schulden beglichen haben“. Dass das unter anderem nur über den rechtlichen Weg und Klagen möglich war wird allerdings nicht erwähnt. Die Begleichung aller noch offenen Beträge soll aber laut dem CEO durch neu gefundene Investoren möglich sein. Durch die nun zur Verfügung stehenden Mittel möchte man einen möglichst sauberen Abschluss für das Kapitel Esport finden.
Solltet ihr noch auf Zahlungen seitens der cowana GmbH oder einer der Schwester- und Tochterunternehmen wie der Media Loung GmbH warten könnt ihr uns gerne unter cowana@1HP.de benachrichtigen und eure Erfahrungen mit uns teilen. Wir werden euch auch auf dem Laufenden halten sollten wir neue Erkenntnisse oder Informationen rund um cowana Gaming haben. Am Dienstagabend um 20 Uhr wird außerdem unser Redakteur TheHotz auf twitch.tv/1HPde mit euch über das Ende von cowana Gaming reden.
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