Über sein Projekt “Esport Akademie” bietet Profi-Spieler Sabit “mirbit” Çoktaşar Spielern aller Skillklassen individuelles Coaching an.
Sabit “mirbit” Çoktaşar gehört inzwischen zu den bekanntesten deutschen Profis. Als Spieler bei Sprout, ALTERNATE aTTaX und EURONICS Gaming hat er bereits einige deutsche Titel gewonnen. Zuletzt war er bei Nordavind in einem internationalen Team aktiv. Seit Anfang August sitzt er allerdings auf der Bank und hat seither die “Esport Akademie” aufgebaut, die Spieler aller Alters- und Skillgruppen individuelles Coaching anbietet.
Den zweiten Teil unseres Interviews findet ihr:
1HP: Wie ist denn die Esport Akademie entstanden?
mirbit: Die Esport Akademie ist zusammen mit einem Freund entstanden, der selbst als Lehrer arbeitet. Wir hatten uns damals spontan getroffen, als ich noch Ingame-Leader bei Nordavind war. Es ist dann ziemlich spontan entstanden, da er damals zum Beispiel bereits Coaching für Referendariaten angeboten hat. Noch bevor wir mit der Esport Akademie angefangen haben, kamen regelmäßig Leute zu mir und haben mich zu bestimmten Themen gefragt, wie sie hier und da eben weiterkommen.
Eigentlich war unsere Intention zu Beginn auch nicht, dass wir irgendeine Firma gründen, stattdessen sind wir das recht locker angegangen. Wir wollten einfach mal schauen, wie stark denn das Interesse an einem solchen Coaching ist, und dann ist uns eben aufgefallen, dass der Bedarf und das Interesse da sind. Inzwischen läuft die Esport Akademie seit einigen Monaten sehr gut.
1HP: Was ist die Esport Akademie?
mirbit: Wir helfen bei unserem Coaching nicht ganzen Teams, sondern einzelnen Spielern durch individuelles, auf sie angepasstes Coaching. Wir möchten den Spielern helfen, ihr nächstes Ziel oder die nächste Ebene in ihrer Spielerkarriere zu erreichen. Bei Manchen ist es so, dass sie Profi werden wollen, andere wollen in der ersten Division mitspielen oder teilweise auch einfach den nächsten Matchmaking-Rang erreichen. Wir helfen da momentan so ziemlich allen Skill-Gruppen von Gold Nova bis hin zu Spielern in der ersten Division und auch in den verschiedensten Altersklassen.
Was unser Coaching auch von klassischen Coaching-Angeboten von Fiverr und Co. unterscheidet, ist, dass wir uns sehr viel Zeit nehmen und eine Zusammenarbeit stets über mindestens drei Monate geht. Damit können wir, und vor allem ich als Coach, eben garantieren, dass die Spieler auch tatsächlich Fortschritte machen. Wir schauen zu Beginn ganz genau, wen wir in das Coaching-Programm überhaupt aufnehmen, ich würde sagen, das ist deutlich exklusiver als andere Angebote auf dem Markt.
1HP: Macht ihr Coaching nur für CS:GO oder generell Esport?
mirbit: Aktuell machen wir nur CS:GO. Wir möchten erst mal, dass die Esport Akademie in CS Fuß fasst und haben dafür kürzlich auch einen Discord-Server ins Leben gerufen. Allein am ersten Tag kamen da circa 60 Nutzer drauf, inzwischen sind es circa 90 Nutzer bereits. Das Ziel dieses Discords soll sein, Spielern eine Plattform zu bieten, wo man Fragen stellen kann, neue Teammates finden kann und generell sich als Community austauschen kann.
Der Fokus liegt also momentan darauf, eine Community zu bilden und für das Coaching passende Spieler zu finden. Ziel ist es, erstmal in CS den Leuten weiterzuhelfen. Ich war beispielsweise früher in der Situation, dass ich sehr viel Counter-Strike gespielt habe, aber nicht wusste, wie ich wirklich besser werde. Einfach stundenlang nur Deathmatch und FACEIT zu spielen war da einfach sehr ineffektiv, um sich als Spieler weiterzuentwickeln. Wenn ich damals ein Coaching gehabt hätte, wie ich es momentan über die Esport Akademie anbiete, dann wäre ich vielleicht nicht innerhalb von fünf bis sechs Jahren Profi geworden, sondern hätte nur drei Jahre gebraucht.
Generell ist das Ziel der Esport Akademie sich in Counter-Strike zu etablieren und dann das Coaching auf andere Esport-Titel auszuweiten. Welche Spiele es dann werden, wird sich zeigen.
1HP: Du sagst euer Coaching ist exklusiver als Andere, welche Spieler kommen bei euch nicht rein?
mirbit: Das wichtigste bei unserer Auswahl ist, dass der Spieler motiviert ist und bei ihm eine Leidenschaft zum Spiel spürbar ist. Um mal ein Beispiel zu nennen: Von allen Anfragen sind in der Regel nur 10-20% für eine langfristige Zusammenarbeit geeignet. Das hat einfach damit zu tun, dass einige nicht wirklich wissen, was es heißt, auf ein Ziel hinzuarbeiten und auch nicht die nötigen Schritte gehen wollen.
Wenn ich zum Beispiel in dem Vorgespräch bereits merke, dass ein Spieler keine Leidenschaft oder kein bestimmtes Ziel hat, dann kann ich als Coach auch nicht garantieren, dass der Spieler Fortschritte machen wird. Sonst kann es passieren, dass ein Spieler zum Beispiel die von uns gegebenen Hausaufgaben nicht macht oder seine Sachen nicht vor- und nachbereitet. Mit solchen Leuten kann ich als Coach dann eben nicht langfristig arbeiten. Damit ich als Coach eben mein Versprechen halten kann, dem Spieler zu helfen, müssen eben ein paar grundlegende Dinge wie Motivation und Leidenschaft gegeben sein.
Was viele Leute missverstehen, ist, dass bei uns der finanzielle Aspekt gar nicht ausschlaggebend ist. Wir haben viel mehr Leute abgelehnt, einfach weil sie ein falsches Mindset haben.
1HP: Worum geht es in dem kostenlosen Erstgespräch, welche Themen sprichst du da normalerweise an?
mirbit: Das Hauptziel in dem Gespräch ist rauszufinden, wo der Spieler im Leben steht, welche Erfahrungen er bereits gemacht hat und was sein Skill-Level ist. Um in das Erstgespräch zu kommen, haben wir natürlich schon eine gewisse Vorauswahl getroffen und ich schaue dann final, ob und wie ich dieser Person weiterhelfen kann. Meistens rede ich dann mit Spieler über Ingame-Aspekte, aber auch über Themen abseits des Spiels. Wir analysieren die Situation eines Spielers vor dem Gespräch und schauen uns zum Beispiel eine POV des Spielers an.
1HP: Counter-Strike ist ein Teamspiel, wie weit kann da ein individuelles Coaching weiterhelfen?
mirbit: Individuelles Coaching bringt erfahrungsgemäß viel mehr als ein Team-Coaching. Vor allem im unteren Level ist es sehr schwer, Teams zu finden, wo alle Spieler die gleichen Ambitionen und ein gleiches Mindset haben.
Wenn ich jetzt ein ganzes Team coachen würde, dann hätte man allein die Problematik, dass nicht immer alle Zeit haben oder manche im Team vielleicht gar keine Lust haben. Es ist einfach viel komplizierter ein Team vernünftig zu coachen. Auch ist es oft schwierig, Teams langfristig zu begleiten und zu helfen, da vor allem im unteren Skill-Bereich ständig Spieler gewechselt werden.
Wenn ich aber mit einer Person vernünftig arbeiten kann, dann ist sämtliches Coaching auf diesen Spieler maßgeschneidert. Es ist beispielsweise nicht das gleiche Coaching, wenn ich einen Spieler aus der ersten und einen aus der vierten Division habe. In einem Team müsste ich aber auf die einzelnen Spieler eingehen und so viel Zeit hat man normalerweise nicht. Deshalb ist es viel effektiver, mit einzelnen Spielern zu arbeiten, die auf jeden Fall motiviert sind und denen man auch weiterhelfen kann.
Im Profi-Bereich ist das etwas anders, da geben Coaches oft zum Beispiel vor, was trainiert werden muss, welche Plays besser einstudiert werden müssen und so weiter. Im individuellen Coaching werden hingegen alle Themen mal angesprochen. Wir reden dann zum Beispiel viel über Themen wie Mindset, Decision Making, Spielverständnis, Kommunikation und so weiter. Solche Themen werden normalerweise in Team-Coachings nicht angesprochen, da sie ja jeden Spieler unterschiedlich betreffen.
1HP: Wie viele Spieler coachst du aktuell?
mirbit: Aktuell coachen wir zehn Leute. Wir nehmen uns regelmäßig Zeit für die Spieler und es gibt zum Beispiel jede Woche einen Call, wo wir miteinander reden. Der Hauptpunkt ist, dass wir den Spielern eine Vorgabe geben, was zu tun ist oder auch Videos von uns bekommen zu bestimmten Themen. Auch haben sie jederzeit die Chance, mich zu bestimmten Themen zu fragen oder gemeinsam mit mir POVs zu schauen.
Damit haben wir so ziemlich täglich Kontakt mit unseren Spielern. Ich habe momentan den Luxus, dass ich kein Team habe und dadurch sehr viel Zeit ins Coaching stecken kann. Das wird sich auch nicht ändern, da wir jetzt zum Beispiel eine weitere Person ins Team geholt haben, wodurch wir eigentlich immer genug Zeit haben für die Spieler.
1HP: Wo haben die meisten Spieler Probleme?
mirbit: Definitiv beim Mindset. Das ist ein Bereich, wo selbst im Profi-Bereich viele Spieler Probleme haben und das natürlich im niedrigeren Skill-Bereich noch mehr auftritt. Eines der größten Probleme ist auf jeden Fall, dass viele Spieler gar nicht realisieren, dass sie eigentlich Hilfe brauchen. Es gibt so Spezialisten, die ihr Leben lang nur Matchmaking spielen und denken, sie wissen bereits alles über das Spiel und ihre Mates flamen. Oft wird dann gesagt, dass die Teamkollegen schuld an den eignen Fehler sind und gleichzeitig ist man selbst nicht konzentriert und diszipliniert.
Erfahrungsgemäß ist es superschwierig, aus einem solchen Mindset rauszukommen, vor allem wenn man sich beispielsweise einfach nur ein YouTube-Video zu der Thematik anschaut. Das ist dann einfach ein Vorteil, wenn man mit jemandem wir mir zusammenarbeitet, der diese ganzen Phasen bereits durchgemacht hat. Ich habe über 15.000 Stunden Counter-Strike gespielt in deutschsprachigen und internationalen Teams, da weiß ich inzwischen zu vielen Problemen einfach bereits die passenden Lösungsansätze.
1HP: Wie teuer ist denn ein Coaching bei euch normalerweise?
mirbit: Wenn man über Google und zum Beispiel Fiverr ein Coaching sucht, dann liegt der Preis in der Regel so zwischen 30 bis 50 Euro und ich als Profi-Spieler könnte wahrscheinlich sogar noch mehr verlangen. Unser Ziel ist es aber nicht, mit der Esport Akdamie unendlich reich zu werden.
Während man bei gewöhnlichen Coaching-Angeboten pro Stunde bezahlt, geht die Zusammenarbeit mit Spielern bei uns ja mindestens über drei Monate. Somit kann man das schon mal gar nicht richtig vergleichen. Dementsprechend ist es natürlich so, dass es nicht nur ein paar Euro sind, die man für drei Monate Coaching mit einem Profi-Spieler zahlt.
Aber genauso wie das Coaching sind auch die Preise bei uns sehr individuell. Verschiedene Spieler mit verschiedenen Problemen nehmen eben unterschiedlich viel Zeit mit mir in Anspruch.
1HP: Kannst du dir vorstellen eines Tages als Coach für ein Team zu arbeiten?
mirbit: Das könnte ich mir vorstellen, ja. Mein Ziel insgesamt ist, sowohl Spieler als auch den Esport insgesamt voranzubringen. Wenn das Coaching über die Esport Akademie allerdings weiterhin so stark wächst und gut läuft wie bisher, dann kann ich darüber mehr Spieler erreichen, als wenn ich fester Coach eines Teams wäre.
Aber vielleicht gibt es in ein paar Jahren nach meiner Karriere als Spieler ein Team, mit dem ich mich so gut verstehe, dass ich mich dazu entscheide, ein festes Team zu coachen. Aktuell bin ich aber sehr zufrieden mit der Esport Akademie und auch nicht so weit, meine Spielerkarriere zu beenden.
Der zweite Teil des Interviews über mirbits Karriere als Profispieler erscheint am Montag, den 27. Dezember um 16 Uhr.
Foto: StarLadder